Interview - Hans Wiedemann - Aged Tabake

Interview Hans Wiedemann

Aged Tabake sind derzeit voll im Trend. Wir haben hier schon einige Tabake aus Kiel vorgestellt. Jetzt hat sich auch Hans Wiedemann, der Tabak Guru von HU Tobacco, diesem Thema gewidmet.

Grand Reserva Limitada 2 Años

Die drei Tabake dieser Serie heißen wie folgt:

Tabak-Pfeife.com hatte die Chance, mit Hans Wiedemann über dieses Thema zu sprechen.

Tabakbild: HU Tobacco - Rocinante

Hans, wie bist Du auf die Idee gekommen, ebenfalls Aged Tabake zu mischen und ins Programm aufzunehmen?

Hans Wiedemann

Hans Wiedemann: Dieses Thema schwirrt schon sehr lange in meinem Kopf herum und wir haben vor circa drei Jahren den Entschluss gefasst, eine kleine Serie mit gereiften Tabaken zu kreieren.

Das Besondere an diesen Tabaken ist, dass nicht nur die Rohtabake abgelagert sind, sondern die fertigen Mischungen einen zweijährigen Reifeprozess durchlaufen haben.

Mit Thomas Nitsche, Tabakmeister bei K&K, haben wir den optimalen Partner gefunden. Nicht nur dass Thomas aufgrund seines Berufes eine irre Erfahrung in Sachen Pfeifentabak mitbringt, sondern Thomas ist auch ein Liebhaber gereifter Tabake und widmet sich diesem Thema schon seit Jahren. Er hat dann auch ein Ageingschema entwickelt, bei dem die Mischungen optimal reifen können. Die Zauberworte sind hier Sauerstoff, Wärme und Feuchtigkeit. Auf künstliche Beschleuniger wie Unterdruckkessel haben wir bewusst verzichtet. Aber im Detail bin ich da außen vor. Da ist Thomas der Fachmann und ein wahrer „Hexenmeister“ *grins*.

Wir haben für dieses Vorhaben drei neue Blends entwickelt, die sich optimal für die Reifung eignen. Wichtig war uns hier, dass es sich um naturbelassene bzw. naturnahe Blends handelt. Nur so kommen die Vorteile eines Ageings optimal zur Geltung. Das Reifen dieser Blends braucht halt Zeit und wie gesagt: diese haben wir ihnen gegeben. Die Ergebnisse sprechen für sich!

Wie muss man sich so einen kreativen Mischvorgang vorstellen? Man nimmt beispielsweise die Tabake Dark Virginia, Red Virginia und Burley zu fast gleichen Anteilen und überlegt Kentucky und Perique als Gewürz zu verwenden. Dann kommt das "Feintunig", beispielsweise doch noch etwas mehr Perique und dafür etwas weniger Red Virginia?

Der Rocinante ist ab sofort erhältlich

Hans Wiedemann: In kurzen Worten hast du den Vorgang ja mit deiner Frage schon beschrieben. Eine Mischung entsteht bei mir zuerst im Kopf. Es braucht eine Idee und eine Vorstellung, was man erreichen möchte. Es soll ja kein beliebiger Tabak werden, sondern man möchte ja ein bestimmtes Geschmacksprofil herausarbeiten. Danach geht es auch schon ans Probieren. Mit der zwischenzeitlich gewonnenen Erfahrung weiß ich, mit welchen Tabaksorten man welche Effekte erzielt und was passt und was nicht. Dennoch ist die Feinabstimmung, die nur durch immer neue Tests erfolgt, der wichtigste Part. Hier arbeitet man dann mit dem Uhrmacherwerkzeug und nicht mehr mit der Betonpumpe. (lacht)

In diesem Fall war es natürlich besonders schwierig, da die festgelegten Mischungen nicht die Endprodukte darstellten. Es kam ja noch der unbekannte Faktor der Lagerung dazu. Erst nachdem dieser abgeschlossen war, wusste man exakt, wie das Endprodukt aussieht. Von daher war es sehr spannend, aber auch angespannt.

Sobald sich die Tabake im Reifeprozess befinden, gibt es keine Möglichkeit mehr, nachzubessern. Man weiß ja nie, wie sich eine scheinbare Verbesserung wirklich auswirkt. Und es besteht immer die Gefahr die Blends zu „verschlimmbessern“. Außerdem sahen wir nie die Notwendigkeit, dies zu tun.    

Ich weiß natürlich, dass Du mit Thomas Nitsche von K&K zusammenarbeitest und Peter Hemmer ein enger Vertrauter ist. Gibt es noch weitere Freunde aus Deinem Pfeifen-Club (s.a. Hommage to my Friends), die mitrauchen dürfen? Wie muss man sich die Diskussionen im gemütlichen Pfeifenkreis vorstellen?

Hans Wiedemann: Ja der Kreis, der bei so einem Projekt eingebunden ist, ist schon etwas größer. Es muss ja alles zusammenpassen. Die Tabake, das Etikettenartwork, die Textierungen, die Produkteinführung - es gibt hier im Hintergrund viel Arbeit, die gemacht sein will. Hier möchte ich mich auch noch explizit bei Alex Broy für das Artwork und bei Angela Höse für die tollen Texte bedanken. Peter Hemmer und ich haben ja mit den Tabaken der Africa Line ein gemeinsames Baby.  Von daher lege ich bei allen Projekten einen großen Wert auf seine Meinung.

Also Proberauchen ist nie ein relaxter Plauderkreis. Hier liegt schon Anspannung im Raum – gerade dann, wenn man etwas testet, was eigentlich schon fertig ist. So entstehen während der fortschreitenden Entwicklung diese Mischungen. Die Kunden legen einen hohen Maßstab an einen neuen HU Blend und diesem wollen wir auch gerecht werden – und das im ganzheitlichen Sinne: Texte, Artwork, Tabake.

Zumeist raucht aber jeder die Blends zu Hause zur Probe und gibt dann sein Statement ab. Der nunmehr 2 ½ -jährige Reifeprozess war von Höhen und Tiefen, vielen Diskussionen und noch mehr Proben begleitet. Am Ende waren wir uns aber alle einig, dass diese Mischungen mit ihrer Homogenität und Abgeklärtheit, mit ihrer Komplexität und dabei Einfachheit in der Handhabung, etwas Besonderes darstellen. Nicht nur etwas Besonderes aufgrund der Herstellung, sondern auch etwas Besonderes mit ihrer homogenen Geschmackstiefe. Den Unterschied zwischen frisch und abgelagert kann man sich vorstellen wie den Geschmacksunterschied zwischen einem alten Bordeaux und einem Beaujolais Primeur. Alles zu seiner Zeit; diesmal eben Bordeaux. Wichtig ist nur, dass man zu genießen weiß und diese Mischungen bewusst und mit Ruhe raucht. Wir haben uns schließlich auch über 2 Jahre Zeit gelassen. (lacht)

Wie geht es weiter? Wenn das Mischungsverhältnis festgelegt ist, wird der Tabak eingelagert. Und nach beispielsweise einem halben Jahr wird die erste Probe gezogen. Wie groß ist der Einfluss, den Tabak jetzt noch zu verändern?

HU Tobacco - Rocinante, Pfeife Stanwell

Hans Wiedemann: Auch hier hast du in der Frage das Tun schon vorweggenommen. Wir haben etwa halbjährlich Proben gezogen und uns ein Bild vom Reifegrad gemacht. Wir haben ja nicht zu Beginn des Projektes festgelegt, dass wir 2 Jahre agen. Diese Zeitspanne hat sich einfach ergeben, nachdem wir nach einem Jahr alle der Meinung waren, dass die Reife noch nicht abgeschlossen sei und dass hier noch positive Veränderungen eintreten würden. Erst nach den besagten 2 Jahren waren wir der Meinung, dass die Reifung abgeschlossen sei, bzw. die Mischungen jetzt einfach toll schmecken. Eine zu lange Reifung muss einem Tabak nicht unbedingt zum Vorteil werden. So kam die 2-jährige Reifezeit zustande.

Ich weiß, es ist sicherlich schwer für Dich diese Frage zu beantworten... Du hängst natürlich an allen drei neuen "Kindern". Aber welcher ist Dein persönlicher Lieblingstabak aus der neuen Reihe "Grand Reserva Limitada 2 Años" und warum?

Hans Wiedemann: Gerd, diese Frage ist wirklich etwas gemein. (lacht) Aber ehrlich gesagt, habe ich keinen eindeutigen Favoriten, da alle Blends ihren eigenen Charme haben. Es wird am Ende ja einen virginia-lastigen, einen burley-lastigen und einen Blend mit moderatem Latakiaanteil geben. Die Favoritenrolle wurde bei mir immer wieder neu vergeben, so dass ich jetzt echt nicht sagen könnte, welchen ich am liebsten habe.

Ich weiß nicht, ob es ein Geheimnis bleiben muss... Welche Tabake sind die Bestseller im HU Sortiment?

Hans Wiedemann: Die Topseller sind die Flakes, aber auch HU Tobacco - Nashville County (2), Louisiana Broken, HU-Tobacco – Director’s Cut, Night Owl und Dark Moor – und bei den Engländern Zulu, Asmara (Foundation by Musicó) und Port Latakia. Aber wir sprechen hier nicht von himmelweiten Abständen. Im Sortiment gibt es spezielle Nischen und von daher betrachte ich Erfolg nicht in Abhängigkeit von absoluten Verkaufszahlen. Wichtig ist mir immer auch ein bisschen mit dem Ohr am Verbraucher zu sein - wieviel Freude machen die einzelnen Mischungen den Genießern?

Ein Great Dixter wird nie ein Topseller, dafür ist er einfach zu speziell, aber für Freunde dieser Geschmacksrichtung ist er richtig eingeschlagen und hat viele Fans, die viel Freude mit dem Blend haben. Gleiches gilt für den HU Tobacco & DTM M.A. The Untouchables Special Mixture, den Michael Apitz und ich gemacht haben. Da war zu Beginn des Projektes klar, dass es hier nichts zu verdienen gibt. Da ich HU Tobacco als Hobby betreibe, war ich noch nie monetär gesteuert. Freude und Spaß sind die Parameter, die mich bewegen. Und so lange dies noch so ist, wird es HU Tobacco geben.

Hans wäre nicht Hans, wenn nicht im Hintergrund wieder eine neue Idee schlummert. Was könnte Dein nächstes Projekt sein und in welche Richtung geht das Thema?

Hans Wiedemann: Also hier möchte ich eigentlich nichts dazu sagen, da noch nichts spruchreif ist. Aber natürlich schwebt mir/uns schon etwas im Kopf herum…

Vielen Dank für das Vertrauen, dass wir diesen großartigen Tabak im Vorfeld rauchen durften und für das nette und aufschlussreiche Gespräch. Es bleibt weiterhin spannend!

In Zeiten von Corona fand das Interview am Telefon statt.

Am Rande notiert

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Der HU Tobacco Rocinante ist ab sofort erhältlich