Falcon Pipes – eine Reise auf den Flügeln des Falken!
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- Veröffentlicht: Samstag, 28. Juli 2018 06:00
- Geschrieben von Deniz Beck
Zugegeben – in meiner noch nicht all zu langen, aber recht intensiven Reise durch die Welt der Pfeifen hatte ich die Falcon zwar immer wieder mal im Blickwinkel... konnte mich aber bisher nie für eine Entscheiden. Und auch gestehe ich ein: Einen Schönheitswettbewerb gewinnt man nicht mit einer Falcon Pfeife... neben der Skepsis vor einer Metallpfeife, war auch das einer der Gründe, sicher! Aber wieso ich denke, dass sie doch ihre Daseinsberechtigung als „Nischenpfeifen“ hat, möchte ich mit euch besprechen!
Seit zwei Wochen im Test
Gut 2 Wochen durchstreifen wir nun schon gemeinsam die Lüfte des Pfeifentabakhorizonts... an fast allen der vergangenen Tage war der Falke mir ein getreuer Freund beim Pfeife rauchen... ein paar Gedanken aus meiner noch recht jungen Reise mit dem Falken, die wirklich Eindruck bei mir hinterlassen hat!
Denn auch, wenn sie nicht die grazile Schönheit einer Freehand ausstrahlen und das Material sicherlich kein exotisch-kostbares Meerschaum ist, sind sie eins: Funktional!
Und das wirklich wunderbar!
Aber vorher...
...ein wenig zur Historie der Falkenpfeifen, die seit nunmehr 80 Jahren am Markt sind
Sie wurden 1936 von dem Amerikaner Kenly Bugg erdacht. Auch im 2. Weltkrieg waren die Falcon Pfeifen in den Mundwinkeln einiger tapferer Soldaten, jedoch wurde kriegsbedingt die Verfügbarkeit der Pfeifen knapp – jede Ressource, sei sie menschlich oder materiell, wurde eben für die Kriegsmaschinerie gebraucht, da blieb für Pfeifen nur wenig Platz!
Wenige Jahre nach dem Krieg (1949) hat George Hunt die Produktion und Vermarktung der Pfeifen übernommen – bis 1954 wurden in den USA über 6 Millionen Falcon Pfeifen verkauft!
„Aber kommen die Falcon Pfeifen nicht aus England?“ fragt ihr euch jetzt zurecht? Ja, ab 1961 wurden die Falcon Pfeifen nämlich (auch) in England produziert! Weil es aber schon eine „Falcon“-Marke am Markt gab, entschied man sich vorerst für den Namen „Alco“ (GENIUS!). Ende der 60er Jahre wurde die Produktion in den USA gänzlich eingestellt und die Falcon Pfeife wurde ein „wahrer Engländer“ (mit amerikanischen Wurzeln).
Wer sich intensiver mit der Geschichte der Falcon Pfeifen beschäftigen will, dem seien folgende Links ans Herz gelegt:
- Die offizielle Falcon Website
- Falcon Pipe History von SmokingMetal.co.uk (Übersicht)
- Falcon History by TobaccoPipes.com (ausführlich)
- History of Falcon Pipes von Rebornpipes.com (sehr ausführlich, mit alten Katalogen, super!)
Zum System der Falcon Pfeifen:
Die Pfeife setzt sich aus zwei Komponenten zusammen – dem Stiel, bzw. der 'Stem' und dem Kopf bzw. der 'Bowl'.
Am Stiel gibt es eine "Schüssel", den Humidome!
Stiele, wie auch Köpfe gibt es in zahlreichen Variationen… gerade, gebogene oder nur leicht geschwungene „Fishtail“-Stiele… „eloxiert“ oder „normales“ Aluminium… in verschiedenen Farbvarianten…Billiard, Bulldog, Dublin… rustiziert, helle Beize, dunkle Beize, oder die recht neue 2017er Serie, aus der auch mein "Plymouth" Kopf stammt.
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Ob rein aus Bruyere oder mit Meerschaumeinsatz, oder gar komplett aus Meerschaum geschnitzt…
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ja, es gibt sogar Corn-Cob Köpfe für die Falcon Pfeifen!
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"Mix and Match" ist hier das Motto
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Alle Falcon Pfeifen kommen ohne Filter! Mit Ausnahme der „International Serie“, welche seit 1977 verkauft werden und gefiltert daherkommen – dafür aber auch dem klassischen Design der Falcon Pfeifen entsagen.
Das Mundstück ist übrigens fest verlebt mit dem Stiel, nur bei den International-Falcons kann man das Mundstück abmachen und austauschen.
Statt einem Filter setzen die Falcon Pfeifen auf den „Falcon Dry Ring“ – im Prinzip nur ein zurechtgeschnittenes Stück Pfeifenreiniger, dass man in die „Schüssel“ (dem „Humidome“) des Stiels einlegt. Man kann sie für teuer Geld von Falcon selbst kaufen, oder einfach selber Pfeifenreiniger zurechtschneiden und biegen – was dann nur einen Bruchteil des Geldes kostet und genauso gut funktioniert! ;-)
Links die original "Falcon Dry Rings" und rechts die selbstgemachten in verschiedenen Durchmessern
Meine frischen Erfahrungen mit der Falcon Systempfeife:
Das System funktioniert nicht nur gut, sondern ganz ausgezeichnet, wie ich finde! Auf dem Bild unten sieht man einen Ring, nach einer halben Füllung, die fangen also ganz gut was auf.
Dadurch bekommt man einen kühlen, trockenen und dadurch auch sehr angenehmen Rauch.
(Ja, da steigt Rauch aus dem Kopf, man kann ihm beim rauchen abschrauben, kein Problem!)
Auch der Stiel aus Alu ist sehr, sehr geschmacksneutral, was für mich (mit) der ausschlaggebende Punkt an den Pfeifen war: Kein bzw. kaum „Ghosting“/„Crossover“ (Nachgeschmack vom vorher gerauchten Tabak in der nächsten Füllung). Einzig und allein die Köpfe aus Bruyere verhalten sich wie die normalen Bruyerepfeifen und können durch aromatisierte Tabake, Latakia oder andere sehr dominante Mischungen „von Geistern befallen“ werden. Aber dafür ist der Kopf ja „interchangeable“, also austauschbar!
Auf der schlichten Verpackung der Falcon sind ein paar der zahlreichen Variationen der Bowls zu sehen
Bei der riesen Auswahl an Kopfformen, sollte für (fast) jeden was zu finden sein denke ich. Man muss es halt mögen! ;-)
Mein Plymouth Kopf gefällt mir super. Auch gefallen mir die Algiers, Dover, Genoa und Bulldog Formen der und besonders die 2017er und Hunter-Serie.
Der Kopf lässt sich ganz leicht aufdrehen und mit der Gummidichtung ist er 100% luft- bzw. rauchdicht. Eine viertel Drehung reicht, um den Kopf zu befestigen. Nach dem Rauchen kann der Kopf sofort abgedreht und gereinigt werden. Auch mit Tabakbröseln und Krümeln, die gerne mal den Rauchkanal verstopfen hat man hier nicht zu kämpfen – der Kopf schließt perfekt mit der „Schüssel“ bzw. dem Humidome ab und kein Krümel Tabak findet den Weg in die Schüssel, geschweige denn den Rauchkanal.
Die meisten Köpfe sind recht klein im Füllvolumen (es gibt auch eine Serien besonders großer, wortwörtliche "Schornsteine" und die Bantam-Serie, welche zwar nicht in die Höhe, dafür aber in die Breite geht!), was für mich aber gerade richtig kommt. Für die stärkeren Burley Mischungen und Flakes, die kräftigen Plugs, Twists oder dark fired Tabake. Oder auch einfach für Momente, wo man halt mal nur eine halbe Stunde schmöckern will - z.B. bei einem kleinen Zwischenstopp zu Kuchen und Kaffee bei der Radtour, beim wandern, spazieren oder bummeln.
Beim Reinigen mit einem Pfeifenreiniger (auch hier verkauft Falcon „extra dünne“ Reiniger, für teuer Geld… normale, konische Reiniger tun es aber völlig!) sollte man aber etwas behutsam sein. Schon bevor ich die Pfeife in den Händen hielt warnte man mich von mehreren Seiten: „Pass beim Reinigen auf“, denn wenn sich der Reiniger mal im Rauchkanal verhakt, hat man schnell einen „Durchbruch“ im Stiel und der Reiniger „bohrt“ sich durch den Rauchkanal. Wenn man aber behutsam und langsam vorgeht, sollte nichts passieren. Sobald der Reiniger mal hakt, einfach rausziehen und vorsichtig noch mal durchfahren.
Auch für reisende Pfeifengenießer sind die Falcons ne gute Alternative zum Mitschleppen von 4-5 Pfeifen! Einfach einen Stiel einpacken, dazu 4-5 Köpfe und man ist perfekt ausgerüstet… 2 Köpfe für naturreine Tabake, 1 für Aromaten, 1 für Latakia-Mischungen… wie man mag, „Mix n Match“! Für einen Kurztrip, wären die Falcon Pfeifen meine erste Wahl, definitiv! Denn sie macht einen sehr soliden Eindruck. Die Schwachstelle ist wohl der dünne Rauchkanal, ansonsten ist sie recht robust. Und wenn dann mal doch was kaputt geht, ist es eben nur ein Stiel, der für unter 30€ ersetzt werden kann, als eine schöne Serien- oder Handmade Pfeife, die einiges mehr gekostet hat.
Durch Glück habe ich dann für 10€ einen zweiten, ungebrauchten Stiel, mit Verpackung, auf eBay geschossen. Angebote zu Falcon Pfeifen auf dem deutschen eBay sind zwar nicht so zahlreich, aber es gibt sie und man kann gute Schnäppchen schießen mit ein bisschen glück! Dieses mal war es ein gebogener „Multipurpose“-Stiel. Das heißt, er hat am Mundstück ein paar Einkerbungen/Rillen, wo man die Zähne perfekt „einhaken“ kann und die Pfeife sich im Mundwinkel hält.
Es gibt auch noch die „Dental“-Stiele, welche zusätzlich zu den Rillen auch noch einen „Stopper“, eine Art Lasche am Ende des Mundstücks. Mit diesem kann man die Pfeife ganz lässig im Mundwinkel hängen lassen, ohne Angst zu haben man verliere sie. Habe mal einen älteren Mann auf dem Fahrrad mit genau so einer „Dental Falcon“ gesehen, genüsslich seinen Pfeifenkopf schmauchend, während er im Sonntagstempo über die Straßen radelt – einfach cool! ;-)
Jetzt ist meine zweite Komplettpfeife unterwegs! Es ist abermals eine klassisch silberne, gerade Falcon – dieses mal aber mit dem „Algiers rustic“ Kopf, der für mich irgendwie DAS Aushängeschild für die Falcon Pfeifen ist.
Versuch eines ersten Fazits nach 2 Wochen in den Lüften der Falcon Pfeife
DER Ersatz für unsere Bruyere, Ton und Corn Pfeifen?
Ne.., bestimmt nicht!
Alleine schon das für einige gewöhnungsbedürftige, für andere futuristisch-, fast industriell-künstlerisch anmutende Design ist nicht Jedermanns Sache… und man will ja nicht immer nur Funktionalität!
…doch es gibt einen Grund, warum sich die Falcon Systempfeife so lange am Markt halten konnte! Sie ist einfach wunderbar funktional und kann eine ebenso wunderbare Ergänzung für den Pfeifenschrank werden! Das System funktioniert einfach. Wunderbar kühler, trockener Rauch, größtmögliche Flexibilität, durch die austauschbaren Köpfe und Stiele – einfach ein traditionsreiches Stück Pfeifengeschichte zum (er-)leben!
Auch der Preis spricht für die Falcon Pfeifen! Eine komplette Pfeife kommt um die 50€ daher, Stiel und Köpfe kosten einzeln zwischen 25-30€ für die einfache Bruyereausführung – nach oben ohne Grenzen, für handgeschnitzte Meerschaumköpfe, oder extra angefertigte Unikate! Wer aber die Augen offen hält, kann auch eine Komplettpfeife schon für um die 30€ inkl. Versand in der Bucht schießen! ;-) (Tipp: Internationale Verkäufer!)
Ich habe viel Freude an meiner Falcon Pfeife und kann es kaum erwarten, dass die zweite Komplettpfeife endlich ankommt. :-)
Abschließend möchte ich sie all jenen Pfeifenrauchern empfehlen, die nach einer funktionalen Pfeife suchen, die sich für alternative Materialien und Systeme bei Pfeifen interessieren, für reisende Pfeifengenießer, die eine leicht zu transportierende und recht robuste Pfeife suchen – oder ganz einfach für jeden, der so eine Pfeife schon mal ausprobieren wollte, aber dann doch gehadert hat, weil sie eben etwas anderes ist als das, was man sonst so kennt!
Falcon Pfeifen? Für mich funktionieren sie wunderbar, ich freue mich auf genussvolle Jahre mit den Falken! ;-)
Linktipps
- Pfeifen aus Mooreiche (Morta)
- Gerds dritte Tonti Pfeife
- Darasz Freehand Nr. 63
- Vauen Curve CV434
- Worobiec No. 89 - Prinzessin findet Prinz
- Worobiec No. 143 & No. 82 (von Christian)